WAHLBOYKOTT
2005

Diskussions-Seite

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Um die Diskussion übersichtlich zu halten, haben wir inzwischen für jede Woche eine eigene Unter-Seite eingerichtet. Die Unter-Seiten sind jeweils über eine Navigations-Leiste am oberen und unteren Ende erreichbar.


5.09.05
[Demokratie-Diskussion]

Hallo zusammen!

Der Einwand von Manuela (3.9.) ist schon richtig. Ich weiß auch nicht, woher das nötige Geld kommen könnte - außer es gewinnt mal jemand sozial eingestelltes ne Million im Lotto...

Wenn jetzt sonst miemand einen tollen Einfall hat - ich selbst muß passen - müssen wir weiter darauf hoffen, daß mal hier mal dort ein Betrieb von der Belegschaft übernommen werden und demokratisch geführt werden kann. So bleiben solche Beispiele wenigstens ein bißchen im öffentlichen Bewußtsein. Überigens können sich auch solche selbstverwalteten Betriebe untereinander vernetzen und sich beispielsweise gegenseitig unterstützen, Kreditvergabe etc. Es ist ja klar, daß selbstverwaltete Betriebe von Banken keine Kredite bekommen, wenn sie mal in einen finanziellen Engpaß kommen. Ich glaube eine solche Organisation gibt es sogar. Weiß von euch vielleicht jemand Näheres?

Im Bereich Schulen gibt es so etwas: den "Bundesverband freier Alternativschulen". (Das hat nichts mit den antroposophischen Waldorfschulen zu tun - eher mit Summerhill, wovon auf diesen Seiten ja bereits mal die Rede war). Nur leider ist dieser Verband nicht sehr politisch. Immerhin hat sich eine freie Schule im Wendland bei den Castorblockaden beteiligt. Das gesamte Grundstück wurde von der Polizei abgeriegelt!

Zwischen solchen Bereichen - wie dem Demokratie in der Schule zu realisieren und selbstverwalteten Betrieben müßte auch viel mehr Vernetzung stattfinden.

Ein wichtiger Bereich, der in diesem Zusammenhang meist übersehen wird, sind die kleinen Bioläden und die Ökolandwirtschaft. Das sind zwar meist Ein-Personen- oder Familienbetriebe und häufig funktionieren sie nur auf der Grundlage von "Selbstausbeutung". Wer über die hohen Preise von Biolebensmitteln lamentiert hat sich noch nie ernsthaft für das Thema interessiert! Gerade dieser Bereich kämpft - ob bewußt oder unbewußt - einen ganz wichtigen Kampf gegen den Kapitalismus. In kaum einem anderen Bereich der Wirtschaft ist die Industrialisierung weniger weit vorangekommen wie in der Landwirtschaft. Aber gerade mit der Einführung der Agrogentechnik droht dieser Alternative das Aus. Dann dauert es nicht mehr lange und Konzerne wie Monsanto beherrschen die gesamte Lebensmittelproduktion angefangen vom patentierten Saatgut über die Pestizide, die chemischen Düngemittel bis hin zu konfektioniertem Fertigfraß.

Gruß
Günter

 

5.09.05

Krieg ist unvermeidlich

Die Menschen hierzulande werden nie bereit sein, ihren Lebensstandard zu reduzieren. Dieser Lebensstandard beruht nicht wie es von den Medien gerne dargestellt wird auf der hohen Leistungsfähigkeit der Wirtschaft, sondern in erster Linie auf den billigen Rohstoffen und vor allem dem Erdöl.

Auch wenn es in den Medien meist anders dargestellt wird und unermüdlich wiederholt wird, die Verfügbarkeit von Erdöl sei noch nicht in Frage gestellt - wer sich im Internet informiert, findet genügend Informationen, die belegen, dass der Höhepunkt ("Peak") der weltweiten Ölförderung bereits um das Jahr 2001 herum überschritten wurde.

Globalisierung hin oder her - Produktionsstätten müssen nach wie vor irgendwo auf dem Territorium eines Nationalstaates platziert sein. Wenn das Öl knapp wird, werden die Konzerne ihre jeweiligen Regierungen (vielleicht haben sie in Zukunft mehrere bei der Hand, die sie dann zu Kriegsallianzen verschnüren können) beauftragen, Kriege um die verbliebenen Ölquellen zu führen . Ihre wichtigste Rolle ist wie in der gesamten "modernen" Menschheitsgeschichte, irgendwelche plausiblen Begründungen zu erfinden, um die Bevölkerung ihres Staates von der Notwendigkeit des Krieges zu überzeugen.

Und das wird auch in Zukunft funktionieren: Denn die Lügen der Regierungen treffen nicht nur auf willige Verführbarkeit. Die meisten Menschen sind, um ihren gewohnten Lebensstil zu halten, gerne bereit, mehr oder weniger bewusst die von den Regierungen bereit gestellten Lügen nachzubeten.

Irgend ein bedeutender Philosoph hat mal die Frage aufgeworfen, welches das Kennzeichen dieser Epoche sei: Die Geldwerdung Gottes oder die Gottwerdung des Geldes.

Ein Zurück hätte es vielleicht noch vor 20 oder 30 Jahren gegeben. Heute ist es längst zu spät. Mit der "Verstaatlichung" der grünen Bewegung nicht nur in Deutschland sondern in allen europäischen Ländern, den USA und Japan wurde die vielleicht letzte Chance kaputt gemacht.

Euer Veruch mit dem Wahlboykott ist ehrenhaft. Aber die Resonanz darauf zeigt, dass die Mehrheit leider weiter ums goldene Kalb tanzen oder sich von irgendwelchen Billiglösungen à la Linkspartei verarschen lassen will.

Para Logos

 

6.09.05

Hallo Para Logos!

Dein Pessimismus ist leider gerade bei jungen Menschen sehr häufig anzutreffen. Sie sind von ihrer - oft grün angehauchten - Elterngeneration zutiefst enttäuscht und können an gar nichts mehr glauben. Oft sind ihre Argumente nicht so durchdacht wie Deine. Ein Lieblingswitz, der für ihre zynische Grundstimmung sehr verräterisch ist, ist der von den zwei Planeten, die sich im Weltall begegnen. Sagt der eine besorgt: "Du siehst ja furchtbar aus. Bist du krank?" Darauf der andere: "Ja, homo sapiens!" Antwort: "Ach, das kenne ich. Das geht vorbei."

Was den jugendlichen Witzeerzählern meist selbst nicht bewußt wird, ist die Ausweglosigkeit, die in diesem Witz zum Ausdruck kommt. Die Gesundung - für den Planeten - ist die Selbstausrottung der Menschheit. Es ist allerdings - gerade für Jugendliche - recht bequem, sich auf eine solch vermeintlich abgeklärten Weltsicht zurückzuziehen. Mit ein wenig äußerlichem Protestgehabe - Che-Guevara-T-Shirt - kann so jede Forderung der Erwachsenengeneration abgewehrt werden. Sei es die Forderung, sich unter die Leistungswilligen einzureihen, sei es die - meist heuchlerische - Forderung, sich an ökologisch oder sozial orientierten Alibiunternehmungen zu beteiligen.

Ob die menschheit ihre letzte Chance bereits vor Jahren verspielt hat oder nicht, kann niemand mit Sicherheit beantworten. Sehr viele Kakten sprechen für Deine These, das muß ich zugeben. Dennoch: Solange auch nur ein Fünkchen Hoffnung besteht, lohnt es sich zu kämpfen. Auch ich habe ein Zitat zur Hand - aus der Bibel, auch wenn ich nicht religiös bin:
"Bei allem Lebendigen ist Hoffnung"
(Prediger Salomo, Kap. 9 Vers 4)

Einen lieben Gruß

Rita (von den InitiatorInnen)

 

6.09.05
[Demokratie-Diskussion]

Hi!

In den Beiträgen von Manuela und Günter ging viel zu sehr unter, dass ein ganz wichtiges Faktor der Spass bei der Sache ist. Das soll kein Vorwurf sein. Ich möchte nur noch mal darauf hinweisen.

Darauf wollte ich in meinem Diskussionsbeitrag, wo ich die Rockmusik als Beispiel nannte, hinaus. Eine Aufbruchstimmung ist ganz wichtig. Die kann vermutlich nicht künstlich erzeugt werden. Die Linkspartei ist das beste/schlechteste Beispiel. Die in grossen Teilen einer seit Jahren völlig resignativen Linken entfachte künstliche Aufbruchstimmung - Stichwort "historische Chance" - wird ganz schnell in sich zusammen fallen wie ein Ballon heisser Luft. Und umso grösser wird hinterher der Katzenjammer sein!

Die Analyse von Günter ist grösstenteils sehr gut. Nur: Auch in der Bioladen-Szene ist die Aufbruchstimmung, die es ja mal Ende der 70er Jahre gab, längst dahin. Die Leute führen seit Jahren einen bewundernswerten Abwehrkampf! Aber besonders ermutigend ist das nicht gerade. Besonders angesichts übler Biosupermärkte und der Bedrohung durch Genfood.

Manchmal ist es auch so, dass eine Aufbruchstimmung dann zustande kommt, wenn es überraschende Erfolge gibt. Ich denke, bei Opel in Bochum war es letzen Oktober schon recht knapp. Wenn die Belegschaft die Idee von der Produktion eines 3-Liter-Autos durchgesetzt hätte und die Gewerkschaft eine Betriebsübernahme nach dem Beispiel von Süßmuth unterstützt, könnte schnell ein rollin' stone in Bewegung kommen. Die Verbindung zwischen Ökologie und Sozialem scheint mir der Dreh- und Angelpunkt zu sein.

Warum ist es hier in Deutschland eigentlich nicht möglich, dass sich mehr solche alternativen Stromversorger wie die EWS in Schönau bilden? Kann mir das jemand erklären?

Bis demnäx
Charly

 

7.09.05
[Demokratie-Diskussion]
@Günter (5.09.)

Liebe Freunde!

Ich denke, es muß auch möglich sein, mit keinem oder wenig Geld etwas loszutreten. Das Beispiel von Charly mit der Rockmusik bestätigt das doch. In der Anfangszeit, gerade in Liverpool, hatten die alle doch kaum das Geld, sich die Instrumente zu kaufen. Trotzdem gab es einen riesigen Enthusiasmus und das hat auf die ganze Welt ausgestrahlt. Klar, die ursprüngliche Glaubwürdigkeit und Authentizität der Rockmusik wurde mißbraucht und sonst wäre sie vielleicht nie so weit verbreitet worden.

Ich finde in dem Zitat, das Lafontaine jetzt am liebsten benutzt, steckt etwas sehr wahres: "Nichts ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist." Schließlich ist das von Victor Hugo und das war ein sehr sozial engagierter Schriftsteller. Die Grundlage dafür, daß sich eine Idee durchsetzt ist sicherlich eine Veränderung an der ökonomischen Basis. Aber der Kapitalismus ist so oder so am Ende. Mit der beschleunigten Plünderung der Rohstoffe der Erde entzieht er sich selbst die Grundlage.

In dem Zitat steckt mehr wahres als Lafontaine ahnt.

Solidarische Grüße

Manuela

 

8.09.05
[Demokratie-Diskussion]

Hallo Leute!

Ich habe mal noch einige Beispiele für selbstverwaltete Betriebe zusammen gesucht. Es wird ja immer wieder behauptet, diese könnten im Kapitalismus nicht überleben. Irgend so ein Oppenheimer habe das um 1890 herum bereits bewiesen. Dabei geht es gar nicht darum, ob und wie lange solche Betriebe überleben können. Klar, sie sind benachteiligt wie beispielsweise ein ehrlicher Radrennfahrer, der unter 99 Prozent Gedopten bei der Tour de France mitfährt. Umso erstaunlicher, daß viele über Jahrzehnte hin und manche bis heute überlebt haben.

Das eigentlich Wichtige aber ist, daß sie der lebende Beweis dafür sind, daß Demokratie in der Wirtschaft möglich ist. Sicher dürfen wir nicht erwarten, daß unsere Argumente allein dazu führen würden, daß Demokratie nach und nach realisiert werden wird. Gegenüber der Macht des Kapitals ist die Macht der Argumente unterlegen. Etwas anderes anzunehmen, wäre im schlechtesten Sinne idealistisch nach dem Motto: Bis auf wenige verbohrte Egoisten wird doch jeder Mensch einsehen, daß es so vernünftiger ist! Das Problem ist, daß eine Handvoll Egoisten genügt, um mit Hilfe ihrer Machtmittel die Mehrheit dumm und in Abhängigkeit zu halten. Deshalb benötigen wir über unsere Argumente hinaus zudem Strategien, wie sich selbstverwaltete Betriebe besser vernetzen können und auf gewaltfreiem Weg dem Kapital mehr und mehr Macht entziehen können.

Für sehr wichtig halte ich dabei die Kommunikation untereinander. Eine interessante Internet-Seite ist:
www.netzwerk-selbsthilfe.de

Auf dieser Seite habe ich einige selbstverwaltete Betriebe gefunden. Als erstes will ich mal Wagner & Co. nennen:
www.wagner-solartechnik.de

Dieser Betrieb existiert seit 1979 und wurde von 7 Leuten aus der Anti-AKW-Szene gegründet. Er befindet sich nach wie vor im hessischen Cölbe, bietet Solartechnik und Regenwassernutzungsanlagen an. Wagner & Co. befindet sich ausschließlich im Eigentum der MitarbeiterInnen. Die Gesellschafter bestimmen über das Gesamtunternehmen. Alle MitarbeiterInnen srimmen bei Abteilungsentscheidungen mit.

In Berlin existieren eine ganze Menge selbstverwalteter Betriebe: Den Schwullesbischen Buchladen Prinz Eisenherz gibt es schon seit 1978. Das Lokus Sanitär- und Heizungskollektiv ist ein kleiner kollektiv betriebener Handwerksbetrieb. Die sozialistische GmbH Hinkelsteindruck arbeitet als Kollektiv in Friedrichshain. Auch die Agit Druck GmbH in Kreuzberg kann auf eine langjährige kollektive Struktur zurückblicken. Der Basis Druck Verlag entstand Ende 1989 als erster neuer Verlag der DDR, aus der oppositionellen Bürgerbewegung heraus. Die Holzmanufaktur in Kreuzberg GmbH wurde 1977 als Kollektiv gegründet und ist seither in Belegschaftsbesitz. 1997 gründete die Holzmanufaktur mit anderen selbständigen Tischlern eine Werkstattgemeinschaft, um auf nun größeren Produktionsflächen die Flexibilität und Leistungsbreite zu erweitern. Im Mehringhof sitzt Ökotopia ein ökologischer Genussmittel und Naturkosthandel Die Vollkornbäckerei Mehlwurm startete in den 80zigern ihre Existenz als selbstverwaltetes BäckerInnenkollektiv. Das Leitmotiv des Fahrradladen im Mehringhof ist Qualität statt Masse, gute Fahrradberatung inklusive. Der Lylla Biomarkt ist ursprünglich ein Ladenprojekt aus der Zeit der Hausbesetzungen gewesen. Das Haus war in dieser Zeit von dem Verein Leben und Arbeit übernommen worden und es gab Verträge mit den noch verbleibenden Besetzern. Im Naturkostladen hat sich bis heute eine kollektive Struktur bei der Arbeitsorganisation sowie gleicher Lohn erhalten.

Es würde den Rahmen sprengen hier alle vollständig aufzuzählen.

Eine große Gefahr sehe ich darin, daß viele dieser Betriebe nur noch - so sehr sie auch ihren Idealen treu geblieben sind - vor sich hinwursteln, um unter den zunehmend schwierigeren Bedingungen ums eigene wirtschaftliche Überleben zu kämpfen. Dabei geht der Blick auf das gemeinsame gesellschaftliche Ziel verloren. Vielen ist auch nur noch ihre eigene Nischenexistenz wichtig und sie haben längst die Hoffnung auf ein Übergreifen der eigenen Ideale auf die Gesamtwirtschaft verloren. Ich muß zugeben, daß ich selbst keine überzeugenden Gründe habe, warum und wie eine Demokratisierung der Wirtschaft nun plötzlich in den nächsten Jahren zustande kommen soll.

Um so wichtiger ist es aber, an Lösungen und Konzepten zu arbeiten.

Gruß

Peter

 

8.09.05
[Demokratie-Diskussion]

eine Idee

Im Nachklapp der 68er Jahre gingen doch viele Studis in die Fabriken, um dort den ArbeiterInnen Marxismus-Leninismus beizubringen. Ihre Apelle an die "Arbeiterklasse" waren zwar grostesk, sie holten sich nur den großen Frust und viele unter ihnen traten um so mehr die Flucht aus der Realität an. Leider wurde dadurch dieser Ansatz völlig suspekt.

Wenn ich aber beispielsweise an den Streik bei Opel in Bochum im letzten Oktober denke, wo dort selbst schon Leute auf die Idee gekommen sind, daß es doch besser sei, ein 3-Liter-Auto zu produzieren...

Es gibt doch immer häufiger Firmen, die von der Schließung bedroht sind - fast schon in jeder größeren Stadt. Es müßten Leute von uns dort hingehen und mit den ArbeiterInnen und Angestellten reden, ihnen solche Beispiele wie die Glashütte Süßmuth bekannt machen und sie zur Übernahme des Betriebs "aufhetzen". Ich denke das hätte zumindest eine gewisse Erfolgsaussicht im Vergleich zu den Aktionen von StudentInnen vor 35 Jahren. Vielleicht kommt es sogar wieder zu einer Bewegung von StudentInnen, die versuchen solche Ideen wie die Demokratisierung der Wirtschaft in die Betriebe zu tragen...

Immerhin gab es ja bereits letztes Jahr Ansätze bei den Studi-Protesten gegen "Sozialabbau und Bildungsklau" aus den Unis rauszugehen und den Kontakt mit den Menschen auf der Straße zu suchen.

hoffnungsvolle Grüße

Solveig

 

9.09.05

Hallo,

ich bekenne mich offen als bewußte Nichtwählerin. "Wahlen ändern nichts - sonst wären sie verboten". Die Politik wird nicht von den in der Regierung Sitzenden gemacht, sondern von den Konzernen, Banken etc. Wahlen sollen nur davon ablenken. Auch eine Linkspartei wird daran nichts ändern. Was geändert werden muß ist die Gesellschaft, das System selbst. Das geht nicht über Wahlen.

Es spricht auch für sich, daß es in Deutschland zu wichtigen Themen keinerlei Volksabstimmung gibt, wie in den benachbarten Ländern. Was mich aber auch ärgert ist, daß es noch zu viele Menschen in Deutschland gibt, die alles so hinnehmen, wie es ist, ohne wirklich Aktivitäten dagegen zu zeigen. Es fehlt an Solidarverhalten, am Weitblick. Solange das der Fall ist, wird es weiter bergab gehen, solange, bis auch der letzte begriffen hat, was da gespielt wird.

Vermutlich geht es noch zu vielen in Deutschland zu gut. Jeder, der noch Arbeit hat, sagt sich "ich riskiere nichts, damit ich meinen Job nicht verliere" - wenn er dann seine Arbeit verloren hat, wacht er auf. Dann ist es leider zu spät. Man befindet sich, wie ich auch, im gesellschaftlichen Abseits. Schade, daß Arbeitende und Arbeitslose keine Einheit bilden. Immernoch hält sich der Gedanke, wer arbeitslos ist, ist selber schuld und will gar nicht arbeiten.

Aufrüstung und Krieg, "Atom-Ausstieg" und Sozialabbau - Wann wird endlich begriffen, daß diese drei Punkte nicht geändert werden können, ohne etwas am System selbst zu ändern?

Viele Grüße
Petra Cettinich

 

9.09.05
[Demokratie-Diskussion]
@Solveig (8.09.)

Liebe Freunde!

Auch zum Beitrag von Solveig muß ich leider etwas Kritisches beitragen: Gegenüber den 60er Jahren hat sich einiges geändert. Die Studierenden sind heute sehr viel mehr unter Zeitdruck. Deshalb kommt es trotz des enormen Drucks und den drohenden Semestergebühren - ab 2007 sollen sie in Baden-Württemberg eingeführt werden - nur zu so wenig Aktionen. Sämtliche Studiengänge sind inzwischen völlig verschult und es bleiben den Studierenden keinerlei Freiräume. Auch in den Semesterferien sind sie oft mit Praktika und anderem eingedeckt, so daß sie kaum noch dazu kommen, Ferienjobs "in der Fabrik" anzunehmen.

Viele gingen in den 60er Jahren als Studierende auch mal für ein Semester "in die Fabrik", weil nur so ein echter Kontakt mit den ArbeiterInnen überhaupt möglich war. Auch das ist heute kaum noch drin, weil bei einer Überschreitung der Regelstudienzeit Strafgebühren von 1000 Euro drohen. Nur an den Werkstoren Fugblätter verteilen? Dabei wurden Studierende schon damals nicht ernst genommen.

Und noch ein Drittes kommt erschwerend hinzu: Durch die Politik unter Kanzler Kohl, aber unvermindert auch unter Rot-Grün hat sich der anteil von Kindern aus den unteren Schichten unter den Studierenden drastisch vermindert. Das belegen offizielle Statistiken. Und Kinder aus den "besseren Familien" haben leider nur sehr selten ein soziales Gewissen oder Verantwortungsgefühl. Das ist nun mal so.

Solidarische Grüße

Manuela

 

10.09.05

Hallo

ich beteilige mich an diesem Wahlboykott, weil ich keine andere Möglichkeit sehe, dagegen zu protestieren, daß die Politik längst keine Macht mehr hat. Spätestens dadurch, daß immer mehr Steuereinnahmen verschenkt wurden, Zinsabschlagsteuer, Kapitalertragsteuer, Körperschaftssteuer und wie sie alle heißen wurden drastisch gesenkt, hat die Politik sich selbst bewegungsunfähig gemacht und die Staatsfinanzen ruiniert. Das wurde nicht erst unter Rot-Grün systematisch betrieben, sondern bereits zuvor jahrelang durch den Finanzminister Waigel.

Ich traue keiner der Parteien, daß sie überhaupt willens wäre, die Forderungen und Versprechungen ihrer Wahlprogramme zu realisieren, geschweige denn, daß sie dazu in der Lage wären, wenn sie an die Regierung kämen. Ob Schwarz-Gelb oder Rot-Grün, die müssen genau das ausführen, was ihnen von der Wirtschaft diktiert wird. Auch die Linkspartei ist da keinen Deut besser. Unter ihrem alten Namen als PDS unterschied sie sich, wenn sie an Regierungen wie dem Berliner Senat oder in Mecklenburg-Vorpommern beteiligt ist, in nichts von den anderen Bütteln.

Und warum soll ich irgendeiner Kleinpartei meine Stimme schenken? Das nützt überhaupt nichts. Als Protest wird das nicht wahrgenommen. Und dazu bekämen die dann Geld, das bekommen sie für jede einzelne Stimme. Wozu? Deren Arbeit ist völlig unnütz. Besser, sie würden damit aufhören und sich dafür einsetzen, daß hier eine wirkliche Demokratie entsteht. Nur dann hätten sie eine überhaupt eine Chance, daß einige ihrer vielleicht tatsächlich sinnvollen Anliegen mal umgesetzt würden.

für eine bessere Zukunft

Jens

 

10.09.05

Guten Tag!

Mir ist nicht ganz klar, worüber hier überhaupt diskutiert wird. Das hat doch eh alles keinen Sinn. In spiegel-online ist zu lesen, dass Schröder wieder stark an "Beliebtheit" gewinnt. Wenn die Deutschen mehrheitlich derart bescheuert sind, dass sie machtgeile Opportunisten wie Schröder oder Merkel vertrauen, wird es hier immer solche Politik geben. Lafontaine und Gysi sind genau die gleiche Sorte. Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient.

Tschüss
Rainer

 

11.09.05

Hallo Leute!

Ich bin der Ansicht, daß der letzte Beitrag die in der Bevölkerung mehrheitlich verbreitete Stimmung recht genau trifft. Das widerspricht dem nicht, daß dieselben Menschen, die resigniert, hoffnungslos, lethargisch und deprimiert sind, sich dennoch auf Befragungen von Meinungsforschungsinstituten einlassen und auf die Frage nach Merkel oder Schröder brav eine Antwort geben. Es würde ja auch schon eine Portion Selbsbewußtsein dazugehören, die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten zurückzuweisen und statt dessen zu reagieren: "Ich wähle nicht zwischen Pest und Cholera!"

Aber selbst eine solche Antwort würde dann lediglich eingeordnet unter "weiß nicht"!

Diese weit verbreitete pessimistische Stimmung kann erst durchbrochen werden, wenn die Menschen eine Perspektive sehen, für die es sich zu kämpfen lohnt. Vielen ist sicherlich klar, daß eine gerechte und demokratische Gesellschaft erst entstehen kann, wenn die Macht, die darauf beruht, Menschen einstellen und entlassen zu können, PolitikerInnen aufbauen und fallen lassen zu können, gebrochen wird. Doch ebenso klar ist, daß die Menschen, die sich wenigsten noch ein bißchen Gedanken machen, nicht die heutige Misere mit den Zuständen tauschen möchten, die in den als sozialistisch bezeichneten Diktauren des Ostblocks herrschten. Auch fünfzehn Jahre nach dem Zusammenbruch des Ostblocks ist die Perspektive "Sozialismus" diskreditiert.

Es bleibt also nichts anderes übrig, als auf möglichst breiter Basis darüber zu diskutieren, wie eine zukünftige Gesellschaft aufgebaut sein muß, damit die demokratisch und gerecht sein kann. Um diese schwierige Aufgabe kommen wir nicht herum, da gibt es keine Abkürzung. Deshalb finde ich die Diskussion zu diesem Thema (alle Beiträge hierzu werden auf diesen Seiten mit "[Demokratie-Diskussion]" gekennzeichnet) so ungemein wichtig. Nur so kann eine Perspektive erkennbar werden, die den Menschen Hoffnung gibt. Sich aus der Lethargie zu befreien, bedarf mehr als nur einer puren Willensanstrengung.

Ciao
    Klaus

 

11.09.05

Ich finde, die Wahlen und der Medienzirkus sind ein schlechter Witz. Es gibt hierzulande schon lange keine Demokratie mehr. Wir wurden weder gefragt, ob wir die neue EU-Verfassung haben wollen, und auch nicht vor der Einführung des Euro!

Das ist keine Demokratie, das ist eine Wirtschaftsdiktatur! Und keine der Parteien ist auch nur ansatzweise wählbar. Wie wäre es mal mit einer Revolution, damit die kleinen Leute das Sagen haben und wieder wählbare Parteien antreten? Das wäre wirklich an der Zeit!

Gruß
Erika (2)

 

 

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Klaus Schramm

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