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8.08.05
Hallo Arne!
Arne schrieb am 7.08.:
> Ich kann zwar eurem Aufruf insgesamt zustimmen - er geht
> mir jedoch nicht weit genug. Eure
positive Orientierung
> auf "Demokratie" kann ich nicht teilen.
> Demokratie wird allgemein mit Volksherrschaft gleichgesetzt.
> Das ist doch entlarvend! Es setzt ein Zwangskollektiv voraus:
> Volk oder was auch immer in Abgrenzung zu anderen. Ich
> bin gegen jede Form von Herrschaft und gegen jegliche
> Grenzen. Auch nach dem allgemeinen Verständnis von
> Demokratie - ob dies nun mit der gegenwärtigen
> Herrschaftsform in Übereinstimmung gesehen wird oder im
> "Gegensatz" dazu - werden Institutionen wie Knäste, Polizei
> oder Gerichte akzeptiert.
Ich habe den Eindruck, Du ignorierst völlig die gesamten basisdemokratischen Modelle,
die in den letzten Jahrzehnten entwickelt wurden: Vom SprecherInnenrat in
Mutlangen in den 80er Jahren bis zu beispielsweise der Organisation von Anti-AKW-Gruppen
wie 'X-1000-mal-quer'. Ist das für Dich Demokratie oder auch nur eine verkappte Form von
Herrschaft?
Übrigens: "Demokratie" kommt aus dem antiken Griechenland und mit dem demos
war damals nicht ein ganzes Volk im heutigen Verständnis des Worts,
sondern lediglich die Bevölkerung eines Stadtstaates gemeint (genaugenommen
nur die Aristokratie - nicht die Sklaven ! ...wie Du siehst,
nehm ich das nicht unkritisch.)
Aber ich bin auch der Ansicht,
daß mensch es mit der Etymologie auch nicht übertreiben sollte und die
Begriffe i.d.R. so benutzt werden sollten wie die Durchschnittsmenschen
sie versteht. Und da versteht die Mehrheit "Demokratie" doch immer
noch so, daß dabei - zumindest als Ziel - alle gleich viel zu sagen und
zu entscheiden haben sollen und nicht etwa die Wirtschaft und das
Militär oder Bürokratien mehr zu sagen haben...
Ciao
Adriana
8.08.05
[Demokratie-Diskussion]
Liebe Freunde!
Hier einige Anmerkungen zu den Beiträgen von Gerhand und Harry v. 6.08.:
Ein zentraler Punkt, nicht nur um den Wahlboykott attraktiver zu machen,
sondern um insgesamt dem gesellschaftlichen Widerstand zu einer Perspektive
und damit zu mehr Energie zu verhelfen, ist die Vision einer wirklichen Demokratie.
Attraktiv heißt schließlich »anziehend«.
Es gibt immer zweierlei Arten der Motivation: das Abgestoßen-werden und das Angezogen-werden.
Wenn ich ausschließlich vor den gegenwärtigen Zuständen, Sozialabbau, Umweltzerstörung,
Kriege und wachsende Militarisierung, fliehen will, kann das auch zur Abwendung von der
Realität, zu TV-Konsum (ist nicht ohne Grund pfändungsgeschützt), Drogen-Konsum oder
zur kritiklosen Begeisterung für illusionäre Politik-Konzepte führen.
Eine viel stärkere Motivation ist die Vision einer neuen Gesellschaft. Vermutlich
war dies eine der stärksten Kräfte, warum Leute wie Jesus oder Karl Marx so viele
Menschen in Bewegung versetzten konnten.
Um eine realistische Perspektive in Richtung auf eine wirkliche Demokratie zu
entwickeln, muß zuerst mal verstanden werden, warum Demokratie bisher mehr
oder weniger gescheitert ist. Um es einmal vereinfacht zusammen zu fassen:
Es ist bisher noch nirgendwo gelungen, die gesellschaftliche Macht, die auf der
Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel beruht, zu demokratisieren.
Schon Albert Einstein hatte diesen zentralen Punkt klar erkannt, als er bereits
1949 schrieb, die Vergesellschaftung der Produktionsmittel sei »ein äußerst
schwieriges sozio-politisches Problem«. Die Lösung dieses Problems sei der einzige Ausweg
aus dem Übel namens Kapitalismus und zugleich müsse vermieden werden, daß es dabei
- wie in der Sowjetunion und ihren Satellitenstaaten - zu einer »totalen Versklavung
des Individuums« komme.
Als kleine Anregung, wie eine Vergesellschaftung der Produktionsmittel, die nicht auf
eine Verstaatlichung hinauslaufen darf, aussehen könnte, möchte ich an ein hierzulande
fast schon völlig vergessenes Modellprojekt vom Anfang der 70er Jahre erinneren: Die Glashütte
Süßmuth. Das Unternehmen wurde vor dem Konkurs gerettet, indem es von der 280 Köpfe
zählenden Belegschaft übernommen wurde. Sehr empfehlenswert ist das Buch von Franz
Fabian, damals Bezirksleiter der IG Chemie, Papier, Keramik, mit dem Titel 'Arbeiter übernehmen
ihren Betrieb'.
Solidarische Grüße
Manuela
9.08.05
Hallo ihr religiösen Boykotteure!
Ihr schreibt in eurem Aufruf:
Wer wählt, gibt dem seinen Segen.
Wenn ich mein Kreuz an der richtigen Stelle, nämlich bei der Linkspartei, mache,
gebe ich dem gerade nicht den Segen. Das ist nämlich die einzige Partei, die
gegen die von euch - zu recht - kritisierte Politik antritt.
Der Gegensatz zum Segnen ist der Fluch. Ihr müßtet die Wahl also verfluchen.
Boykott bringt nix!
Rote Grüße
Joachim
10.08.05
Hallo Joachim!
Auch wenn das-Kreuz(chen)-machen und das Segnen als Metaphern zusammen passen:
Mit "religiös" liegst Du völlig falsch.
Den meisten ist sofort klar, was damit gemeint ist. Aber manchen, die vielleicht zuviel Lenin gelesen
haben, muß das erst ausführlich erklärt werden.
Es ist in sich widersprüchlich und daher auch
unglaubwürdig, auf der einen Seite zu sagen: Der Parlamentarismus ist keine Demokratie und bei
den wichtigsten Entscheidungen wie Sozialpolitik, Atomausstieg oder der über Krieg oder
Frieden wird ganz offensichtlich gegen die Mehrheit Politik gemacht - und andererseits
sich dann am Parlamentrarismus zu beteiligen. Jede Beteiligung an Wahlen legitimiert
dieses System.
Die Linkspartei ist ja zudem weit von Lenin entfernt, propagiert im Kern eine
sozialdemokratische Politik Marke 70er Jahre und hat mit Parlamentarismuskritik
kaum was am Hut. Lenin hatte wenigstens gegenüber seinen AnhängerInnen
noch deutlich gesagt, daß er das Parlament nur als Tribüne nutzen wolle.
Daß das nicht funktioniert, können Jahrzehnte nach Lenin nur Leute übersehen, die sich nicht für
Politik interessieren oder für die ein Zweifel an den Worten ihres Säulenheiligen
Wladimir Iljitsch Ulanow alias Lenin einer Häresie gleichkommt.
Entweder ich mache mir Gedanken darüber, wie es möglich ist, daß die von uns kritisierte
Politik gegen den Willen der Mehrheit durchgesetzt werden kann - oder ich nehme an,
daß es seit Jahrzehnten immer nur dumme Zufälle waren, daß immer gerade die falschen
Parteien dran kamen. In letzterem Fall kann ich dann völlig unbeschwert glauben, daß
nun mit der Existenz einer neuen Partei alles anders laufen wird.
solidarische Grüße
Ute
10.08.05
[Demokratie-Diskussion]
Hallo Leute!
Ich finde die von Manuela, Harry und Gerhard begonnene Diskussion sehr spannend. Vor
einigen Jahren habe ich einmal einen Beitrag über "Werkgemeinschaften" gelesen, der mich
begeistert hat, den ich dann aber wieder aus den Augen verlor. Es ist ein ähnliches Konzept
wie das der Glashütte Süßmuth: Die Arbeiter leiten ein Unternehmen in Selbstverwaltung.
Ich habe mal Literatur dazu herausgesucht und das beste Buch für einen Einstieg in diese
Thematik scheint mir zu sein:
Claire Huchet-Bishop, "All things common"
Ob es eine deutsche Übersetzung gibt, weiß ich nicht. Hier mal kurz zusammengefaßt, was
eine "Werkgemeinschaft" ist:
In der Regel werden industrieller Betrieb und Landwirtschaft zugleich betrieben. Alle Beteiligten
leben in einer Gemeinschaft, die demokratisch nach dem Konsensprinzip organisiert ist. Eine
Vollversammlung, die mindestens zweimal jährlich zusammentritt, wählt für drei Jahre ein Oberhaupt
der Gemeinschaft. Die Wahl muß einstimmig sein. Dieses Oberhaupt verfügt über ein Vetorecht
gegenüber allen Beschlüssen der Vollversammlungen. Kommt es zum Dissens muß es die
Vertrauensfrage stellen. Wird das Vertrauen nicht einstimmig ausgesprochen, muß sich das
Oberhaupt dem Beschluß der Vollversammlung anschließen oder das Amt niederlegen.
Die Vollversammlung wählt einmal im Jahr Mitglieder eines Rates. Aufgabe dieses Rates ist
es, das Oberhaupt der Gemeinschaft zu beraten. Dieser Rat besteht i.d.R. aus zwei bis drei
Prozent der Anzahl der Mitglieder. (Beispiel: Bei 400 sind es acht bis zwölf)
Alle verantwortlichen Positionen (Beispiel VorarbeiterInnen) in der Gemeinschaft werden
nur an BewerberInnen vergeben, die das "doppelte Vertrauen" erlangen. Das bedeutet, daß
sie sowohl von der Ebene einstimmig akzeptiert werden müssen, von der sie vorgeschlagen
werden, als auch von der Ebene, in die sie gewählt werden. Es gibt also eine Hierarchie
in der Entscheidungskompetenz - allerdings ist diese Hierarchie nicht auf Willkür und
Macht, sondern auf Vertrauen aufgebaut.
Weiter gibt es noch "Kontaktversammlungen", die wöchentlich stattfinden und
Nachbarschaftsgruppen, die gewissermaßen die soziale Basis der Werkgemeinschaften
bilden. Daneben gibt es noch weitere Einrichtungen, die zu beschreiben hier zu weit
führen würde. Es gibt jedenfalls einen umfassenden Erfahrungsschatz, auf dem
aufgebaut werden könnte, um in größerem Maßstab Demokratie zu entwickeln.
Oft wird sehr schnell mißtrauisch gefragt, wielange denn solche Werkgemeinschaften
Bestand gehabt hätten. Manche haben seit Jahrzehnten Bestand, die demokratisch
geleitete Glashütte Süßmuth existierte meines Wissens von 1971 bis 1997 und fiel
einem allgemeinen Zusammenbruch dieses Wirtschaftszweigs in Deutschland zum
Opfer. Es ist erstaunlich, wie lange viele dieser Modellprojekte trotz der widrigen
kapitalistischen Außen-Bedingungen überlebt haben. Die Glashütte Süßmuth hatte
zudem gegen erhebliche Anfeindungen aus dem Unternehmerlager zu kämpfen.
Doch selbst wenn sie nur ein oder zwei Jahre existiert hätten, wäre damit bewiesen,
daß Unternehmen auch demokratisch organisiert werden können und zugleich effektiv
funktionieren.
Der wichtigste Punkt jedoch scheint mir zu sein, daß die Beteiligten sich voll mit ihrem
Projekt identifizieren. Typisch ist folgende Äußerung eines Gewerkschaftlers: "Ich
war 1936 Betriebsrat und wurde 1940 verhaftet und in Buchenwald inhaftiert. Ich habe
in den letzten zwanzig Jahren viele kapitalistische Firmen kennengelernt. (...) In der
Werkgemeinschaft ist die Produktion nicht das Ziel des Lebens, sondern ein Mittel
dazu. (...) Ich habe nicht zu hoffen gewagt, daß noch in meiner Generation so große
und vollkommene Resultate erzielt würden."
Gruß
Peter
12.08.05
[Demokratie-Diskussion]
Servus zusammen!
Ich meine, nicht nur die Wirtschaft muß demokratisiert werden, sondern auch
das gesamte Bildungssystem - von den Kindergärten über die Schulen bis
zu den Hochschulen. Auch hier ist das Vorurteil schier unausrottbar, daß
es in diesem Bereich mit Demokratie nicht gehe und daß dann das Chaos
ausbreche. Ebenso wie die demokratischen oder kommunitär-sozialistischen
(so nannten sie sich oft selbst) Modelle im Bereich der Ökonomie totgeschwiegen
werden, werden auch die - echten nicht die anthroposophischen - freien
Schulen in Deutschland in den Medien totgeschwiegen.
Was in einer Mediengesellschaft nicht in den Medien gespiegelt wird, existiert
nicht - jedenfalls nicht im Bewußtsein der überwiegenden Mehrheit. Bezeichnend
dafür ist eine Erfahrung die ich immer wieder mache. Wenn ich über Summerhill
spreche, wird mir oft (in voller Überzeugung) entgegen gehalten, das gebe es doch
schon lange nicht mehr. Wenn ich dann zurück frage, woher sie denn dies wüßten,
ernte ich regelmäßig betretenes Schweigen.
Es ist geradezu ein Wunsch bei den Durchschnittsmenschen festzustellen, daß es
tatsächlich keine Alternativen zum herrschenden System geben möge - denn
das erleichtert erheblich die doch sehr bequeme Lethargie und die verbreitete
Depression, in der sich so viele eingerichtet haben. Zu kämpfen erscheint da
als nicht nur als unbequemes, sondern zugleich aussichtsloses Unterfangen.
Dabei könnten diese Beispiele - selbst wenn sie nur wenige Jahre existiert
hätten - , Mut machen, daß eine andere Welt doch möglich ist! Und nur der
Kampf für eine lebenswerte Zukunft macht das eigene Leben lebenswert!
Für mich ist ein solcher Wahlboykott wie er von Euch initiiert wurde, ein
Teil dieses Kampfes. Danke! Ich mache mit.
Karl
13.08.05
Hallo Leute!
Wer boykottiert, wählt die Mehrheit!
Schätze, gegen dieses Argument könnt ihr nicht entgegnen.
MfG
B.
13.08.05
Hallo B.!
Nichts leichter als das:
Selbst wenn die "Linkspartei" in den Bundestag
kommt, gibt es keine "Mehrheit" und keine "Minderheit". Diese Begriffe
suggerieren doch, daß es eine parlamentarische Demokratie gäbe. Nach
Lehrbuch könnte dann die Partei oder Parteien, die zuvor in der Minderheit
waren, nach einer Wahl in der Mehrheit sein, um so eine ganz
andere Politik zu realisieren.
Erstens exekutiert "Rot-Grün" - wie wir in den letzten sieben Jahren gesehen
haben - dieselbe Politik wie "Schwarz-Gelb". Denn diese Politik wird nicht
von den Parteien bestimmt, sondern von der in der Wirtschaft konzentrierten
Macht. Wenn Du dem widersprechen möchtest, können wir das gerne
ausführlich diskutieren.
Zweitens hat die "Linkspartei" nicht den Zipfel einer Chance, daran etwas
zu ändern. Wenn sie als "Opposition" im Bundestag sitzt, verpufft ihr
gesamter Eifer - so, wie es noch jeder parlamentarischen Opposition
ging, solange sie noch einigermaßen die Interessen ihrer WählerInnen
vertrat. Nach der Wahl ist von diesen Interessen in den Medien garantiert
nichts mehr zu vernehmen. Und selbst wenn sie in eine Koalition
aufgenommen wird oder "Rot-Grün" nach der Wahl am 18. September
toleriert, kann sie nichts am Kurs ändern. Es würde sich dann das
selbe Spiel wiederholen wie das, welches wir schon seit Jahren mit
der PDS in zwei Landtagen bewundern dürfen.
Aus diesen Argumenten folgt schlüssig das genaue Gegenteil Deiner These:
Wer wählt, wählt die Mehrheit - nämlich "Rot-Schwarz-Grün-Gelb"!
Auch die Wahl der "Linkspartei" dient so - gewollt oder ungewollt - der
Bestätigung des gegenwärtigen Mensch und Natur verachtenden
Herrschaftssystems.
Ciao
Adriana
14.08.05
[Demokratie-Diskussion]
@Manuela
@Gerhard
@Peter
@Karl
Hallo Leute!
Zunächst zum letzen Beitrag, dem von Karl, in dem dieser ganz zu
recht auf die Bedeutung der Modellprojekte im Bereich Bildung
hingewiesen hat. Wichtig ist, daß in jedem gesellschaftlichen
Bereich, sei es Bildung, sei es Ökonomie, sei es Medien, aufgezeigt
wird, daß es anders geht, daß es herrschaftsfrei und demokratisch möglich ist.
Dennoch will ich einen Unterschied zu bedenken geben: Vordringlich
ist der Kampf im ökonomischen Bereich. Denn dort ist die Macht
konzentriert. Auch wenn es Bertold Brecht orthodox kommunistisch
und reichlich martialisch so formuliert hat:
Und doch wird nichts mich davon überzeugen,
dass es aussichtslos ist,
der Vernunft gegen ihre Feinde beizustehen.
Lasst uns das tausendmal Gesagte immer wieder sagen,
damit es nicht einmal zu wenig gesagt wurde!
Lasst uns die Warnungen erneuern,
und wenn sie schon wie Asche in unserem Mund sind!
Denn der Menschheit drohen Kriege,
gegen welche die vergangenen wie armselige Versuche sind,
und sie werden kommen ohne jeden Zweifel,
wenn denen, die sie in aller Öffentlichkeit vorbereiten,
nicht die Hände zerschlagen werden.
Wen er - vereinfacht und personifiziert - damit gemeint hat, dem die
Hände zerschlagen werden müssen, dürfte klar sein. Ich übersetze
das zeitgemäß mit: der Kapitalismus muß zerschlagen werden. Und
dies ist nicht anders möglich als durch eine gewaltfreie Demokratisierung
der gesamten Ökonomie, die von einer Mehrheit der Bevölkerung getragen
werden muß. Anders kann dies nicht realisiert werden.
Selbstverständlich ist in manchen Staaten darüber hinaus einiges an Macht im
militärischen Bereich konzentriert. Und sicherlich tragen die hierarchischen
Strukturen in vielen Bereichen des kulturellen Sektors einer Gesellschaft
viel zum Beharrungsvermögen und der Stabilität des Kapitalismus bei.
Doch der Kernbereich der gesellschaftlichen Macht ist die Ökonomie und -
wie Marx ganz richtig erkannt hat - beruht diese Macht auf der Verfügungsgewalt
über die Produktionsmittel.
Es war eine naive Interpretation der Marxschen Erkenntnis, zu glauben, eine
menschenwürdige Gesellschaft (manche nannten das mal "Sozialismus"), könne
geschaffen werden, indem die Produktionsmittel in Staatsbesitz übergehen.
Manche Herrscher wie Lenin oder Stalin mögen diese Naivität auch belächelt
haben - denn sie konnten sich an der Macht halten, weil sie die
Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel an sich gerissen hatten.
Wirkliche Demokratie wird jedoch erst dann möglich sein, wenn Mittel
und Wege gefunden werden, die Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel
auf viele Schultern zu verteilen.
Daß dies - im Gegensatz auch zu den verstaatlichten Betrieben in den Ostblockstaaten -
möglich ist, haben viele Beispiele und Projekte wie die erwähnte Glashütte Süßmuth
und die Werkgemeinschaften bewiesen. Ein fehlendes Glied in der
Kette ist jedoch noch, wie vergesellschaftete Betriebe untereinander vernetzt werden
können und wie eine Planwirtschaft - dezentral statt zentralisiert - mit Hilfe der
heutigen Kommunikationsmittel demokratisch organisiert werden kann.
Auch hierzu gibt es bereits einige Ansätze und ich hoffen, auf diesen Seiten findet
die eine oder der andere Geschmack daran, hierüber zu diskutieren.
Tschüss
Harry
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Kontakt:
Klaus Schramm
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