WAHLBOYKOTT
2005

Diskussions-Seite

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27.06.05

Hallo Leute!

Ihr wisst doch sicher, dass die jetzige K-Woman Angela Merkel vor der letzten Bundestagswahl bei George W. Bush in Washington war und ihm eine Beteiligung am Irak-Krieg zugesichert hat, falls Schwarz-Gelb an die Macht kaeme. Ich habe durchaus nicht vergessen, dass Rot-Gruen die Bundeswehr in die ersten beiden Kriege nach dem Zweiten Weltkrieg gefuehrt hat. Aber immerhin haben sie sich dem Irak-Krieg verweigert.
Ich meine daher, dass bei einer rot-gruenen Bundesregierung, die nach der naechsten Bundestagswahl von der Tolerierung der "Linke."-Liste abhaengig waere, deutsche Kriegsbeteiligungen weit weniger wahrscheinlich sind als bei einer Merkel-Regierung. Ich werde deshalb "Die Linke." waehlen.

solidarische Gruesse

Lutz

 

28.06.05

Hallo Lutz!

Deine Argumentation begegnet uns leider sehr oft. Der Fehler liegt dabei darin, zu übersehen, von wem die Politik bestimmt wird. Tucholsky hatte schon vor vielen Jahren das Bonmot geprägt: "Sie meinen, sie seien an der Macht, dabei sind sie nur an der Regierung." Die deutschen und der überwiegende Teil der europäischen Konzerne hatten kein Interesse am Irak-Krieg. Wie der (erste) Golfkrieg gezeigt hatte, lag der weitaus größte Nutzen damals bei den US-Konzernen und "Europa" geriet ins Hintertreffen. Europäische Konzerne hatten 2002 längst vorteilhafte Verträge mit dem irakischen Diktator Saddam Hussein für die Zeit nach dem Embargo ausgehandelt.

Es muß wohl nicht daran erinnert werden, daß es beim Irak-Krieg weder um einen "Krieg gegen den Terror", noch eine Schlacht gegen Osama bin Laden, noch um eine Revanche wegen den Anschlägen vom 11. September 2001, noch um irgendwelche versteckten Massenvernichtungswaffen oder gar um die Einführung von Demokratie im Irak gegangen ist. Inzwischen wurde offensichtlich, daß es beim Irak-Krieg ausschließlich um Öl ging - um Öl für die US-Konzerne.

Auch Frau Merkel hätte sich nach einem Wahlsieg von Schwarz-Gelb im Herbst 2002 schnell eines "Besseren" besonnen und sie ist flexibel genug, plausible Ausreden für einen Kurswechsel zu finden. Vielleicht erinnern sich manche noch an ihren extremen Kurswechsel in der §-218-Frage. Selten sind von den wirklichen Machthabern in Deutschland einmal klare Worte darüber zu hören, wie hierzulande politische Entscheidungen zustande kommen. Oftmals sind sie vermutlich selbst überrascht, wie geschmiert das alles funktioniert. So ist vielleicht zu erklären, warum Hilmar Kopper, Chef der Aufsichtsräte von DaimlerChrysler und Deutscher Bank, im Hamburger Abendblatt im November 1999 ausnahmsweise einmal kein Blatt vor den Mund nahm:

"Wenn Sie mich vor anderthalb Jahren gefragt hätten, ob ich mir eine aktive Beteiligung der Bundesregierung auf dem Balkan unter rot-grüner Beteiligung vorstellen könnte, dann hätte ich Sie für nicht recht gescheit gehalten. Genauso aber kam es. Und es konnte nur von der rot-grünen Regierung kommen, sonst hätten wir in diesem Land eine Revolution gehabt. Ähnliches gilt wohl auch für die Veränderung des Sozialstaates. Wahrscheinlich müssen die heiligen Kühe von denen geschlachtet werden, die an ihrer Aufzucht am aktivsten beteiligt waren."

Konkret gefragt: Glaubst Du, daß sich bei VW oder DaimlerChrysler, bei Deutscher Bank oder Dresdner Bank, bei Bayer oder BASF, bei RWE oder EnBW nach dem nächsten Herbst irgend etwas ändert, wenn Du "Die Linke." wählst?

Immerhin gehörst Du offenbar zu denen, die sich keine Illusion darüber machen, das die "Linke."-Liste Rot-Grün erneut an die Regierung bringen soll. Die Beispiele der Regierungsbeteiligungen der PDS in Brandenburg und Berlin haben gezeigt, daß sich die Politik der dortigen Landesregierungen um keinen Deut von der anderer Landesregierungen unterschied. Wie kommst Du auf die verwegene Idee, daß sich an der Politik einer rot-grünen Bundesregierung auch nur ein Deut ändert, wenn es im Bundestag meinetwegen fünfzig Abgeordnete hat, die sich als Linke bezeichnen. Wenn sich dann zeigt, daß sich Schröder - oder sein Nachfolger - darum einen Dreck schert und weiterhin die Drohung mit dem "größeren Übel" einer schwarz-gelben Regierung inszeniert wird, wird sich der eine Teil in neue Illusionen flüchten und ein anderer großer Teil wird völlig demoralisiert sein.

Ciao
    Klaus

 

29.06.05

An die Initiativgruppe Wahlboykott!

Meint ihr eigentlich nicht, dass ihr hauptsächlich der Linken schadet mit eurem Wahlboykott?! Endlich hat die Linke in Deutschland einmal die Chance aus der Bedeutungslosigkeit herauszukommen und da werbt ihr ausgerechnet dafür, dass sich noch mehr von der Demokratie abwenden. Ist euch überhaupt klar, was ihr da treibt? Merkel und Stoiber werden sich über euch freuen!

mfg
Joachim ...

 

30.06.05

Hallo Joachim ...!

Sicherlich meinst Du mit "der Linken" die WASG-PDS-Liste. Ob diese nun mit zehn oder zwanzig Prozent in den nächsten Bundestag einziehen wird, sie kann nichts am Kurs einer wie auch immer gefärbten Bundesregierung ändern. Wie hier auf dieser Seite bereits in anderen Diskussionsbeiträgen begründet, wird sie dazu dienen, die Hoffnung auf positive Veränderungen zurück aufs Parlament zu lenken. Mit der Behauptung "Ohne uns wäre alles noch viel schlimmer!" wird sie ganz unabhängig vom realen politischen Kurs Erfolge für sich reklamieren.

Doch nicht genug damit, daß sie im Parlament gegen die Einheitsfront von "Schwarz-Rot-Gelb-Grün" ebenso wie in den 80er Jahre die originären Grünen oder in den 90er Jahren die PDS kaum etwas Positives erreichen kann, werden die negativen Folgen überwiegen. Immer wenn sich die Linke auf den "Weg durch die Institutionen" begab, wurde sie geschwächt, zersplittert und aufgesogen. Die Orientierung auf das Parlament schadet der Linken. Es ist allein schon fatal, wieviel Arbeitskraft durch die sinnlose Produktion von Bergen an Drucksachen in den Parlamenten absorbiert wird! Zugleich hat sich immer wieder gezeigt, daß die außerparlamentarische Arbeit - entgegen allen Versprechungen - nach und nach in den Hintergrund gedrängt und mit der Illusion der "Stellvertreterpolitik" gelähmt wird.

Es muß uns diesmal gelingen, die Orientierung auf die außerparlamentarische Arbeit, die Arbeit in den Erwerbslosen-Initiativen und den Gewerkschaften, auf Demonstrationen und politische Streiks über Ländergrenzen hinweg zu verstärken. Hierbei ist ein Aufruf zum politischen Wahlboykott sicherlich nur ein nebensächlicher Beitrag.

Solange der Bundestag von einer "schwarz-rot-gelb-grünen" Einheitspartei beherrscht wird, kann bestenfalls von einer Semi-Demokratie die Rede sein. Die Menschen wenden sich nicht von "der Demokratie" ab, sie wenden sich von der Herrschaft einer Minderheit ab, die mit Hilfe des Parlaments regiert. Entscheidend für die Zukunft wird es sein, ob sich die Menschen dann auch von der Politik abwenden und in Resignation verfallen. Bald kann es dann wieder so weit sein, daß die Stunde für Demagogen schlägt.

Wenn sich die Linke mehrheitlich der Illusion hingibt, mit einer WASG-PDS-Liste könne irgendetwas Positives erreicht werden, bleibt ihr eine weitere herbe Enttäuschung nicht erspart. Die Linke muß stattdessen ihre Hauptaufgabe darin sehen, einen Weg zu finden, wie Demokratie in allen gesellschaftlichen Bereichen - also auch in der Ökonomie - durchgesetzt werden kann. Und: Neuer Wein gehört nicht in alte Schläuche!

Ob sich Merkel und Stoiber über einen Erfolg dieses politischen Wahlboykotts freuen werden, spielt für uns keine Rolle. Doch wenn sie klug sind, werden sie darin eine größere Gefahr erkennen als in der Kandidatur der WASG-PDS-Liste. Über diese wird inzwischen in den Mainstream-Medien breit berichtet. Das ist als ein sicheres Zeichen dafür zu werten, daß die WASG-PDS-Liste nicht als Gefahr fürs System angesehen wird.

Ciao
Adriana
Antworten an mich bitte an aa(at)wahlboykott2005.de
[Das bekannte Sonderzeichen habe ich hier durch (at) ersetzt, damit diese Adresse nicht automatisch ausgelesen werden kann. Hoffentlich kann ich so einiges an Spam vermeiden!]

 

30.06.05

Salut!
Wahlboykott hilft nur den rechten Splittergruppen. Wer gegen Demokratie ist, sollte wenigstens so anständig sein, ungültig zu wählen.
A

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